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Krieg, Klimakrise, Pandemie: Was uns Angst macht und wie wir lernen damit umzugehen

Angst ist ein Gefühl, mit dem alle Menschen vertraut sind – gerade in der aktuellen Krisenzeit | Credit: Tyler Nix for Unsplash

Angst ist ein Gefühl, mit dem alle Menschen vertraut sind – gerade in der aktuellen Krisenzeit | Credit: Tyler Nix for Unsplash

Fast jeder kennt Angst. Gerade in einer Zeit, in der uns der Krieg unerwartet nah gekommen ist, fühlen wir Unbehagen, Überforderung und Sorgen, die uns manchmal sogar erstarren lassen. Schauen wir uns das Phänomen tiefer an, hilft uns das aber sehr. Denn wir erkennen unsere Angst – und verstehen sie genauer. Wir können begreifen, dass Angst eigentlich unser größter Schutz ist. Eine Erkenntnis, die uns für die Überwindung unserer Angst vor der Pandemie und die Konfrontation mit dem uns nah gekommenen Krieg Erleichterung bringen kann. Doch wie können wir dies praktisch umsetzen was haben die Gespenster, von denen wir träumen damit zu tun?

Wir lernen Angst

Angst ist ursächlich da, um uns zu schützen. Das funktioniert auf zwei Weisen:  “Angst lernen” und “Angst speichern”. In unserer Kindheit haben wir von unseren Eltern gelernt, Angst zu haben oder „ängstlich zu sein“.

Ob Sorge um den Job, Unbehagen nachts am Bahnhof oder eine erkrankte Verwandte: Hatten unsere Eltern Ängste, haben wir sie, beeindruckbar, wie wir als kleine Kinder waren, wie ein Schwamm in uns aufgesogen. Das hat die Natur weise eingerichtet, denn für unser Überleben ist es wichtig, dass wir nicht jede Bedrohung selbst erfahren müssen, sondern auf Erfahrungen derer vor uns zurückgreifen können. Dadurch haben wir auch die entsprechenden Schutzmechanismen gelernt: automatische, im Körper verankerte Reaktionen, die, sobald wir gelernte Angst empfinden, unmittelbar aktiviert werden und entsprechende Handlungsweisen in uns starten.

 

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Was bedeutet dies konkret?

Wir sind hervorragend geschützt, wenn es sich um aktuell angemessene Angst handelt, aber ebenso blockiert, wenn es sich um eigene alte Ängste oder um übernommene generationale Ängste handelt. Hier sollte daher genau unterschieden werden.

Gehirn und Körper als “Angstspeicher”

Unser Körper-Seele-System hat die Fähigkeit, sich zu erinnern und Erlebnisse in uns zu speichern: Wir legen Erfahrungen und dazugehörige Gefühle wie zum Beispiel auch empfundene Angst in den tiefen Regionen unseres neurologischen Systems, seinen Nervenbahnen, Synapsen und Botenstoffen ab. Aus bio-energetischer Sicht kann man sogar so weit gehen zu sagen, dass wir im System der Körper-Seele die Ebene der Datenspeicherung ausmachen und sogar ansteuern können – und dass wir lernen können, sie zu beeinflussen.

Aus diesen Erkenntnissen können wir zusammensetzen, was uns den Umgang mit unserer Angst erleichtert. Im ersten Schritt sollten wir uns folgende Fragen stellen:

– Ist meine Angst der aktuellen Realität angemessen?
– Möchte meine Angst mich vor etwas warnen oder schützen?
– Wie kann ich sinnvoll handeln, um mich vorzubereiten oder zu schützen?
– Habe ich eine Angst, die mir in diesem Moment gar nicht dient?

Der Ukraine-Krieg aktiviert alte Ängste

Seit Frühjahr dieses Jahres erleben viele Menschen Ängste, die aber bei Prüfung der aktuellen Realität nicht wirklich angemessen sind. So wird spürbar, dass tief verinnerlichte und übernommene Ängste ihrer Vorfahren in ihnen aktiviert werden: Der Ukrainekrieg ist uns ungewohnt nahegekommen. Wir sollten daher unbedingt unterscheiden, ob alte, bisher schlummernde tiefsitzende Kriegsängste unserer Vorfahren in uns wach geworden sind, oder ob es sich bei unserer Angst um eine dem Tagesgeschehen und der aktuellen Wirklichkeit angemessene Angst handelt. Liegen nämlich übernommene Ängste in uns vergraben, so werden wir die aktuelle Situation nicht mit klarem Kopf wahrnehmen und beurteilen können. Angst verfärbt unsere Sicht auf die Realität.

Dem Gespenst ins Gesicht schauen

Viele Menschen kennen einen Albtraum, in dem sie von einem Gespenst verfolgt werden und im schlimmsten Moment voller Angst erwachen. Dieser Traum wiederholt sich so lange, bis der Träumende sich eines Nachts entschließt, dem Gespenst mitten ins Gesicht zu schauen. Und das Wunder geschieht: Im gleichen Moment ist das Gespenst weg – und damit die Angst.

Eine meiner Seminar-Teilnehmerinnen hatte eine starke Angst vor Feuer. Ihre Angst ging so weit, dass sie nicht einmal eine Kerze brennen sehen konnte. Sie hatte so viel Angst, dass ein Feuer ausbrechen könnte, dass sie nicht einmal mehr in Lokale oder öffentliche Räume ausging.

Im Seminar-Prozess zeigte sich, wie diese Angst entstanden war: Als sie ein Kleinkind war, war in der Küche ein Pfannenbrand ausgebrochen, und die Mutter hatte versucht, das Feuer mit Wasser zu löschen, was das Feuer aber verstärkt hatte. Es wurde dennoch niemand verletzt, aber der Schock saß tief. Aus dem Schuldgefühl, fast eine lebensbedrohliche Katastrophe ausgelöst zu haben, hatte die Mutter nie wieder über das Ereignis gesprochen. Während des Seminars kam es zu dem Moment, in dem die Frau dem Gespenst ins Gesicht schaute. Sie hatte gelernt, sich mit sich selbst tiefer zu verbinden und war stark genug geworden sich ihrer Angst zu stellen.

“Alleingelassen sein” ist der Schlüssel

Damit wir dem Gespenst unserer Angst ins Gesicht blicken können, ist eine Praxis der “Zentrierung” und der Selbststabilisierung grundlegend, so dass wir den inneren Halt entwickeln, um uns unserer Angst zuwenden zu können. Damit übernommene Angst unserer Vorfahren oder eigene, in uns gespeicherte Ängste aus alten Erfahrungen sich auch auflösen können, müssen wir bewusst und präsent bleiben, während wir sie fühlen. Hierbei steht uns noch ein Hindernis im Weg: Es ist unsere Erfahrung, dass wir in dem Moment damals, als unsere Angst verursacht wurde, alleingelassen waren. Dass in dem Moment niemand für uns da war, der uns geschützt und beruhigt hätte, hat die tiefste Ebene der Angst in uns ausgelöst: dass wir in unserer angstvollen Not gänzlich allein gelassen waren. Es ist daher sinnvoll, die Aufarbeitung solcher einer alter Angst mit einer Fachperson zu beginnen, die uns, gerade dann, wenn unsere Gefühle stärker werden, unterstützt, präsent und bewusst zu bleiben. Können wir nun unsere alte Angst in Präsenz vollständig zulassen und mit Körper, Herz und Verstand erfahren, löst sie sich auf.

Der direkte Zugang zum Körperbewusstsein und die spirituelle Grundlage von Präsenz ermöglichen, dass unser Körper-Seele-System im geschützten Rahmen tiefer entspannen kann. So kann alte, zellulär gespeicherte Angst in uns hochkommen und befreit werden.

Bei Angst ist es wesentlich, das Bewusstsein in den Körper zu bringen. Wenn wir es erreichen, dass die Verankerung des Bewusstseins im Körper stabil wird, werden wir nicht mehr davongetrieben, wenn wir Angst haben. Wir sind nicht mehr „außer uns“, sondern bei uns. Und wir machen eine erstaunliche Entdeckung: Wir sind stärker geworden als unsere Angst.

Neue innere Ressourcen entstehen, neue Kraft und Gelassenheit um wieder aktuell und realitätsbezogen wahrzunehmen und uns auf dem Boden der Tatsachen zu entspannen. Sicherheit, unsere Verbindung mit uns selbst wachsen und unsere Freude am Leben kommt zurück.

Über die Autorin

Dr. Lea Stellmach Wegs führt sie von der Medizinerin zur Körperpsychotherapeutin, Energie-Heilerin und spirituellen Lehrerin. Als ganzheitlich ausgerichtete Kieferorthopädin hatte sie viele Patient|innen mit chronischen Schmerzen. Nach zehn Jahren Erfahrung wurde ihr der Zusammenhang zwischen der seelischen Befindlichkeit ihrer Patient|innen und deren körperlichen Symptomen klar. Sie gab ihre Fachpraxis auf und spezialisierte sich auf Körper-Psychotherapie.
Seit 2001 leitet sie ihr Institut für Psyhoenergetik und Persönliche Entwicklung bei Frankfurt am Main. 2018 veröffentlicht sie das Buch „Stark im Leben, geborgen im Sein“.

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