Die Aktionsgruppe "The Yes Men" initierte eine Adidas-Fake-Modenschau um auf Missstände aufmerksam zu machen | Foto: Laura Chouette for Unsplash

Fashion Week: Aktivistengruppe fakt Adidas Show um auf Missstände aufmerksam zu machen

Angekündigt war eigentlich eine „Adidas Reality Wear Show“. Perfekt zum Start der Berlin Fashion Week. So mancher Fashion Insider war sichtlich gespannt auf die Show, bei der auch eine neue Co-CEO vorgestellt werden sollte. Doch statt der neuesten Sportswear Kollektion präsentierten Models zerfetzte Looks auf dem Runway und hatten Adidas-Brandzeichen im Gesicht. „The Yes Men“, eine Aktivistengruppe, die seit Jahren auf Missstände aufmerksam macht, und die „Kampagne für Saubere Kleidung“, wollten mit der Fake-Modenschau über Adidas und deren Handhabung der Rechte von Bekleidungsarbeiter|innen aufklären.

The Yes Men: Pay Your Workers

Doch von Anfang an:  In einer Ankündigung, die scheinbar vom Sportartikelhersteller Adidas stammte, hieß es gestern, dass Arbeitsrechte Priorität bekommen sollen und ab sofort geschützt werden. Zudem wurde die Absicht angekündigt, dass eine ehemalige Bekleidungsarbeiterin und Gewerkschaftsführerin aus Kambodscha, neben dem Chef Björn Gulden, als Co-CEO die Leitung des Unternehmens übernehme und dabei vor allem für die ethische Verantwortung zuständig sei. Ihr erster Schritt im Amt wäre die Unterzeichnung der Vereinbarung „Pay Your Workers“, ein von Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen entwickelter Vorschlag zu Löhnen, Abfindungen und Vereinigungsfreiheit.

 

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Verschickt wurde die Pressemitteilung von einer Domain mit dem Namen adidas-group.com.de. Das Adidas-Motto „Own the Game“ wurde auf dieser Fake-Website durch „Own the Reality“ ersetzt. Zu sehen war zudem ein Link zu einem Foto von Gulden und der vermeintlichen neuen Co-CEO, die scheinbar die Vereinbarung „Pay Your Workers“ unterzeichnen und sich damit dazu verpflichten, die systemischen Probleme des Lohn- und Abfindungsdiebstahls und der Zerschlagung von Gewerkschaften anzugehen.

Fake-Modenschau bei der Fashion Week

Die für den Nachmittag angesetzte Fake-Modenschau wurde von zahlreichen Modebegeisterten besucht. Sie sollte die Einführung der neuen Bekleidungslinie suffering-forward Realitywear (deutsch: leidensfähige Realitatskleidung) zeigen und damit die Notlage der Adidas-Arbeiter|innen in den Produktionsländern widerspiegeln. Jedes der Kleidungsstücke wurde angeblich sechs Monate lang von kambodschanischen Textilarbeiter|innen getragen, um so einen wahrhaft verzweifelten Look zu erzielen, heißt es in der Pressemitteilung von Kampagne für Saubere Kleidung, Berlin.  Und weiter: „Während die Ankündigung eines neuen Co-CEO darauf abzielte, eine alternative Realität zu präsentieren, in der Adidas bereit ist, sich für seine Arbeiter|innen einzusetzen, verdeutlichte die offensiv-geschmacklose Modenschau die brutale Realität, in der aktuell im Streben nach Profit die Rechte der Beschäftigten verletzt werden.“

Für eine alternative Zukunft der Unternehmensführung

Die Aktivistengruppe prangert an, dass „Adidas sich selbst als Investor in die Stärkung der Rolle der Frau darstellt, während sie mit der anhaltenden Ausbeutung von Bekleidungsarbeiter|innen – überwiegend in Produktionsländern ohne angemessene soziale Sicherungssysteme – Milliardengewinne“ erzielen und will durch die Aktion auf die Macht hinweisen, die Adidas über die Bedingungen in seiner Beschaffungskette hat.

„Die Nachricht über ihr neues Programm ist gefälscht, aber das Leiden der Adidas-Arbeiter|innen ist unbestreitbar real“,

sagt Mike Bonanno von „The Yes Men“, die mit Textilarbeiter|innen und Aktivist|innen an der Aktion gearbeitet haben. Sie fordern „Bjørn Gulden auf, die dringend notwendigen Schritte zu unternehmen und das Pay Your Workers-Abkommen zu unterzeichnen. Worte sind nicht genug, die Arbeiterinnen und Arbeiter brauchen jetzt echte Taten, sie haben schon zu lange gewartet.“

 

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Laut Info der Kampagne für Saubere Kleidung Deutschland e. V., wurden aktuelle Fälle von Rechtsverletzungen in der Adidas-Beschaffungskette bisher nicht geklärt. Es gehe dabei beispielsweise um die Zusammenarbeit mit Zulieferern, um die Wiedereinstellung von acht entlassenen Gewerkschafter|innen bei Trax Apparel in Kambodscha und um die Nachzahlung der bisher nicht gezahlten Löhne. Weiter heißt es, Adidas schulde die gesetzlich vorgeschriebene Abfindungen in Höhe von 3,6 Millionen US-Dollar den über 5000 Beschäftigten der Hulu Garments-Fabrik in Kambodscha und weitere 11,7 Millionen US-Dollar entgangene Lohnzahlungen den Arbeiter|innen in acht anderen kambodschanischen Zulieferbetrieben. Mehr Infos gibt es auf der Kampagnen-Unterseite.