Erfolg kommt nicht über Nacht und Niederlagen gehören einfach dazu. Wir lassen uns viel zu oft von Pseudo-Erfolgsgeschichten blenden und versuchen mit dem Mainstream mitzuschwimmen. Dabei ist Individualität so essentiell. Warum besser 007 statt 08|15, dass weiß keine besser als Profiler Suzanne Grieger-Langer.
Als Laie befürchtet man ja gern, dass ein Profiler einen ansieht und sofort durchschaut.
Suzanne Grieger-Langer:
Ja, natürlich. (Lacht) Nein.
Es gibt auf Partys oft Leute, die auf ganz toll machen, mit Küchenpsychologie daher kommen und sagen: Ich durchschaue dich. Da kannst du dich entspannt zurück lehnen. Der hat überhaupt keine Ahnung.
Profiling ist keine One-Man-Show. Pro Zielperson sind 25 bis 30 Analysten tätig. Und es ist auch keine One-Minute-Show. Das ist akribische Arbeit oft über Tage, Wochen, Monate. Und wenn es um organisierte Verbrechen geht – worauf meine Mannschaft spezialisiert ist – dann sind wir teilweise Jahre mit einem Fall beschäftigt.
Dein Bühnen-Programm heißt „oo7 statt 08|15“. Werden wir jetzt alle zu Geheimagenten?
Suzanne Grieger-Langer:
Gleich zum Geheimagenten zu werden, ist, glaube ich, nicht nötig. Erfolgsagenten fände ich toll. Und ich meine damit nicht den oberflächlichen Erfolg wie Karrieretitel und irgendwelches Geld. Ich meine, dass man mit dem Gemüt erfolgreich ist. Dass man sein Glück findet, seinen Sinn im Leben und sich schützt vor den eher miesen Mitmenschen und die findet, die einem gut tun. Das wäre für mich ein Erfolgsagent.
Für dich führen 7 Schritte zum Erfolg. Was hat es damit auf sich?
Suzanne Grieger-Langer:
Ich liebe die Sieben, weil sie das Wachstum symbolisiert. Es sind sieben Axiome für Agenten, es sind sieben Todsünden oder – wenn man sie lässt – die sieben Schritte um glücklich zu sein. Irgendwie verfolgt mich nicht nur die Zahl Sieben, ich glaube sogar, dass es sich bei ihr um eine existenzielle Zahl handelt. Genau wie bei meinen sieben Säulen der Macht, über die ich bereits geschrieben habe.
„Schritte“ bedeuten ja in der Regel, man macht einen Schritt und etwas ist geregelt. Das gibt es aber nicht.
Es gibt auch keinen Übernacht-Erfolg.
Man muss wieder und wieder weiter gehen und wenn man sozusagen bei der Sieben angelangt ist, stellt man fest: Oh, ich hab nochmal was über den ersten Schritt gelernt. Obwohl der vermeintlich abgeschlossen war. Damit wird deutlich, es ist nicht eine Leiter, die man hoch geht, sondern ein Kreis. Wie bei Serpentinen, die man sich hocharbeitet. Je mehr Schritte man geht, desto mehr erlebt man in der Welt, lernt man von sich selbst kennen und desto mehr Spaß hat man.
Der 7. Schritt steht für Individualität. Aber wie viel Individualität ist im Business wirklich möglich und wie viel ist nötig?
Suzanne Grieger-Langer:
Individualität ist nicht nur die Kirsche auf der Sahne. Ich glaube, dass sie zwingend notwendig ist in einer Welt, die als globales Dorf zusammen fließt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand die Chance auf Erfüllung, Glück oder auch Erfolg hat, wenn er/sie/es nicht sein eigenes, individuelles Leben lebt. Man hat uns früher oder im letzten Jahrtausend beigebracht, dass es sinnvoll ist sich anzupassen. Eben wie die anderen zu sein. Ja, wir leben in einer Gesellschaft und müssen uns sozial verhalten. Das bedeutet auch mal das Ego zurückstecken, damit die Gemeinschaft keinen Schaden nimmt. Aber ohne Individualität geht es nicht. Man verblasst und niemand erkennt dich als Wesen. Das hat den Effekt, dass jene, die einem gut tun würden, einen nicht finden. Und die, die einem nicht gut tun, jemanden finden, von dem sie den Eindruck haben, er würde sich nicht wehren. Von daher plädiere ich dafür seine Ecken und Kanten zu akzeptieren, statt sich zu sehr auf die Schwächen zu versteifen. Schaut lieber auf eure Stärken und betont sie.
Das ist ein bisschen wie beim Make-up. Du gehst ja nicht her und sagst, da habe ich eine Stelle, die finde ich nicht so toll und betonst sie. Du betonst das, was du an dir toll findest. Und der Rest macht letztendlich das Ganze schillernd. Wenn man – ich bleibe mal bei dem Beispiel – einen Blick auf so manches Model wirft, sieht man makellose, symmetrische Gesichter. Abgeschminkt sehen sie aber teilweise nach nichts aus. Ich brauche echte Personen. Vertrauen kriege ich zu Menschen, die in dem Sinne echt sind, dass sie ein bisschen asymmetrisch sind. Ein bisschen Bluna. Weil ich das ja auch bin. Dann fühle ich mich bei und mit ihnen wohler. Also, weg von dem Gedanken „Oh Gott, ich bin nicht perfekt.“
Wie individuell darf man in einem Job sein, in dem es um Dress Codes und Machthierarchien geht?
Suzanne Grieger-Langer:
Gerade wenn es um Dress Codes geht – die sind natürlich fix, wenn ich im Management arbeite – habe ich diese Anzugnummer. Die meisten schaffen es da einfach nicht übers freundliche Steingrau hinaus. Oder wenn ich beispielsweise bei McDonalds arbeite, trage ich eine Kluft. Ich bin in erster Linie professionell gefragt und das Individuelle liegt dann in der Art, wie ich es als Stil rüber bringe. das sollte nicht schreien, sondern elegant und in Ruhe rüber kommen.
Ich glaube, dass gerade da, wo Menschen Uniformen tragen, ist es wichtig auf eine elegante Weise seinen Stil nach vorne zu transportieren, sonst kommst du nie nach oben.
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Warum schrecken Frauen oft vor Machtgefügen zurück?
Suzanne Grieger-Langer:
Ich glaube, dass Frauen – überhaupt viele Menschen – vor Machtgefügen zurückschrecken, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass Menschen Macht oft missbrauchen.
Das wollen sie selbst nicht tun. Folglich weichen sie zurück, weil sie nicht auch „böse“ sein wollen.
Es schüchtern oft ein, wie viel man um Macht kämpfen muss, denn sobald man welche hat, kommt jemand daher und will sie einem wieder abnehmen.
Außerdem glauben viele, indem sie sich aus diesem Bereich der Macht zurückziehen, seien sie sicherer. Der Effekt ist nur, dass die, die dreist sind, noch mehr Zugriff auf Macht haben. Am liebsten gebe ich Leuten Macht, die sie überhaupt nicht haben wollen. Die gehen am ehesten verantwortlich damit um. Diejenigen, die geil auf Macht sind, wollen das für ihr Ego. Aber eben nicht für den Erfolg der Gemeinschaft. Und dann haben es die Falschen in der Hand.
Du unterscheidest zwischen Psychopathen mit hohem Intellekt und geringer Gewaltbereitschaft, die sich oft im höheren Management befinden und Pfeifen, die komplett Kritik resistent sind. Wie navigiert frau sich durch diese Enge?
Suzanne Grieger-Langer:
Grundsätzlich glaube ich, man navigiert nicht nur wie mit dem Auto-Navi durch den Straßenverkehr, sondern vielmehr noch durch ein komplett unzivilisiertes Gebiet. Ob es Psychopathen oder Pfeifen sind… Oder vielleicht sogar ein paar Menschen, die nicht so ganz knusper in der Waffel sind, oder einen schlechten Tag haben, ich glaube es ist ganz wichtig, dass ich für mich weiß, wo ich hin will. Sprich, warum renne ich überhaupt los? All diese Störfaktoren könnte man vielleicht als Verkehrsinseln oder Verkehrskegel beschreiben. Da muss man eben Slalom fahren.
Viele haben diese Illusion, der Weg zu irgendeinem Ziel wäre gerade. Das war er aber noch nie.
Dass wir gerade Straßen bauen ist etwas ganz unnatürliches. Von daher ist es ganz normal sich durchzuschlängeln und das ist auch die richtige Bewegung. Ich komme am weitesten, wenn ich mich wie Wasser verhalte. Wenn ich mich nicht aufhalten lasse, sondern meinen Weg finde. Wenn jemand unbedingt Konfrontation sucht, kann auch Wasser eine gewisse Gewalt entwickeln. Das tut aber in 99,9 Prozent der Fälle überhaupt nicht Not.
Review: Ein Leseliebling vom März 2020.
Mehr von Suzanne Grieger-Langer in der PlusPerfekt Editon Business 2020.
Kurzprofil
Profiler Suzanne Grieger-Langer ist bereits seit 1993 erfolgreiche Unternehmerin und die Frontfrau der Grieger-Langer Gruppe. Seit 2000 ist sie als Trainerin, Dozentin und Lehrbeauftragte aktiv. Sie ist zudem Bestseller-Autorin, Kolumnistin und Speakerin. Sie ist mit Bühnenprogrammen wie beispielsweise „Profiler On Tour – Cool im Kreuzfeuer“ ist sie deutschlandweit on Tour.
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